Die Tierschutz-Beraterin betreute die Betriebe während des gesamten Produktionszyklus und besuchte die Betriebe bis zu fünfmal persönlich vor Ort. Bei verstärktem Auftreten von Federpicken und Kannibalismus konnte die Anzahl der Betriebsbesuche erhöht werden. Durchgeführt wurde der Einsatz des MTools in Ablegebetrieben und der vorgelagerten Aufzucht. Den Abschluss dieses Projektes bildeten kostenfreie Beraterschulungen, um die flächendeckende Verwendung des MTool in der konventionellen und ökologischen Legehennenhaltung zu erreichen.
Im Rahmen der Einzeltierbeurteilungen wurden auf allen Betrieben Brustbeinbrüche und auf neun der zehn besuchten Betriebe blasse bzw. bläuliche Kämme gefunden. Auf 80 % der Betriebe wurden erhebliche Gefiederschäden an Rücken und/oder Legebauch sowie auf 60 % der Betriebe auch mindestens drei kleine oder eine größere Verletzung gefunden. Gleichzeitig war der Schnabelzustand, vor allem bei kupierten Tieren so, dass die Funktion des Schnabels deutlich beeinträchtigt war. Auf 60 % der Betriebe hatten die Tiere deutliche Gefiederschäden am Hals. Bezüglich des Gesundheitszustandes wurden vor allem kotverschmierte Tiere gefunden, was auf eine Darminfektion bzw. Probleme mit der Darmgesundheit hinweist. Bei 40 % der Betriebe wurden zusätzliche Rötungen oder Kloakenausfluss (Hinweis auf eine Legedarminfektion) festgestellt. Ebenfalls 40 % der Betriebe hatten Probleme mit Fußballengeschwüren. Es wurde deutlich, dass insbesondere im Bereich Tiergewichte und -verluste viele Betriebe einen verbesserungsfähigen Status quo aufwiesen. Auch das Mensch-Tier-Verhältnis sowie die Ausführung von Futtersuch- und Futteraufnahmeverhalten wurden oft ungünstig bewertet. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass im Sinne einer Früherkennung von Problemen im Betrieb sehr niedrige Grenzwerte für nach dem Ampelsystem eine rote oder auch gelbe Bewertung angesetzt wurden. So wurde bei Schäden, die für das Einzeltier höchst wahrscheinlich mit erheblichen Schmerzen oder Leiden verbunden sind, mit einem Grenzwert von 3 % betroffener Tiere bei wahrscheinlichen Brüchen des Brustbeins und Verletzungen befiederter Körperregionen besonders streng vorgegangen. Hierbei wurde davon ausgegangen, dass ein solcher Schaden bei einem einzelnen Tier durchaus noch „zufällig“ auftreten kann. Zwei von 50 Tieren deuten jedoch schon auf ein mögliches Herdenproblem hin. Vor allem im Fall der Brustbeinbrüche muss allerdings diskutiert werden, ob Praxisbetriebe derzeit überhaupt in der Lage sind, diesen Grenzwert einzuhalten. Hier besteht großer Forschungsbedarf. Bezüglich möglicher Ursachen der vorgefundenen Probleme ließen sich mit der Risikoanalyse vor allem die folgenden Schwachstellen identifizieren:
- Ein Großteil der Betriebe wusste nichts über den Zustand der Junghennen, bevor sie auf dem Betrieb ankamen.
- Insgesamt wurde auf vielen Betrieben weder beim Einstallen noch im Verlauf der Legeperiode ein genauerer Blick auf die Tiere geworfen. Hierbei wurde deutlich, dass das Stallpersonal sowie das mittlere Management teilweise auch nicht über die Zeit (Anzahl und Dauer der Kontrollgänge) oder die erforderlichen Kenntnisse verfügte, um die Tiere in Bezug auf Schäden durch Federpicken und Kannibalismus sowie auf die Tiergesundheit hinreichend zu beurteilen. Auch gab es bei allen Betrieben in unterschiedlichem Umfang Defizite bei der Aufzeichnung der Legeleistung, den Verlustursachen und überwiegend eine nur unzureichende oder keine Kontrolle der Tiergewichte.
Im Bereich des Tiergesundheitsmanagements war erneut eine häufig mangelnde Abstimmung mit dem Aufzuchtbetrieb auffällig. Auf der Mehrzahl der Betriebe mussten Tierbehandlungen durchgeführt werden, was darauf hinweisen kann, dass in einem unzureichenden Ausmaß prophylaktische Maßnahmen durchgeführt worden waren.
Im Bereich des Hygienemanagements waren die Betriebe insgesamt besser aufgestellt. Bei zwei Betrieben wurde keine vollständige Analyse durchgeführt, da bei den Tieren keine Hinweise auf eine mangelnde Tiergesundheit festzustellen waren. Bei einem Betrieb wurden mehrere Risikobereiche festgestellt. Bei einigen Betrieben gab es nur leichte Mängel, die sich vor allem auf die Dokumentation der Hygienemaßnahmen bezogen.
Bei Haltung und Fütterung wurden hingegen eine ganze Reihe an Schwachstellen bei vielen Betrieben gefunden. So stellten fast alle Betriebe den Tieren keine Staubbademöglichkeit außer der Einstreu zur Verfügung, oder diese wurden nur unzureichend befüllt. Fast alle Betriebe hatten Metallsitzstangen, oft keine erhöhten Sitzstangen und/oder steile Anflug- bzw. Abflugwinkel. Kein Betrieb stellte den Tieren Magensteine zur Verfügung und 80 % der Betriebe hatten Mängel in der Einstreuqualität und setzten kein Raufutter oder Körner in der Einstreu zur Beschäftigung der Tiere ein. Auch bearbeitbares Futter wie Luzerneballen, Saftfutter oder Picksteine o. ä. wurde nur von 50 % der Betriebe angeboten. Bezüglich Futtermenge und -qualität wurde oft nicht genug Futter aufgenommen, es wurde nicht darauf geachtet, dass die Tiere einmal am Tag den Trog leerfressen bzw. durch die Länge der Futterketten war oft nicht gewährleistet, dass hintereinanderliegende Abteile gleichmäßig mit Futter versorgt waren. Dies führte bei einem Teil der Tiere dazu, dass sie das Futter stark selektierten und andere Tiere nur vorselektiertes Futter zur Verfügung hatten. Die Futterfläche entsprach zwar meistens den Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, ging aber nur selten über die Mindestanforderungen hinaus, was die Möglichkeit gleichzeitigen Fressens aller Tiere möglicherweise einschränkte. Auch wurden keine „Doppelfütterungen“ (zweites Befüllen innerhalb kurzer Zeit) gefahren, um dies zu kompensieren. Die Besatzdichte war zumindest zum Anfang der Legeperiode häufig sehr hoch, da der Scharrraum oder ein Teil des Scharrraums bzw. des Außenklimabereichs den Tieren nicht zur Verfügung stand. Bei der Wasserversorgung war bei vielen Betrieben zu bemängeln, dass die Bildung von Biofilm in den Wasserleitungen nicht geprüft bzw. keine Maßnahmen zur regelmäßigen Reinigung durchgeführt wurden. Auch die Auffangschalen wurden im Laufe des Durchgangs nicht gereinigt. Auch wurden zur Verbesserung der Wasserqualität und zur Stabilisierung der Darmgesundheit selten Wasserzusätze wie organische Säuren eingesetzt.