Einzelbetriebliche Intensivberatung als Schlüssel zur Optimierung
Die Betriebsbesuche durch die Tierschutz-Beraterin fanden alle sechs bis acht Wochen statt. Im Rahmen von einzelbetrieblichen Status-Quo-Erhebungen und Schwachstellenanalysen auf Grundlage des SchwIP-Tools des FLI für die Schweinemast und eines eigens entwickelten „Stallcheck Ferkel“ (Erhebungstool in Anlehnung an SchwIP) für die Ferkelaufzucht wurden auf den Betrieben im Durchschnitt ca. 10 (7-13) Risikofaktoren in der Ferkelaufzucht, bzw. 36 % (31 % - 51 %) Risiko für Schwanzbeißen in der Schweinemast festgestellt. Die häufigsten Risikofaktoren zu Beginn des Projektes stellten in der Ferkelaufzucht fehlerhafte Durchflussraten von Tränken, fehlende Beschäftigungsmaterialien, suboptimales Stallklima (Temperatur, Luftfeuchte), die Prävalenz von Ohrverletzungen und ungleiche Kupierlängen dar. In der Schweinemast waren die häufigsten Risikofaktoren suboptimale Stalltemperaturen, fehlende Beschäftigungsmaterialien, mangelnde Buchtenstrukturierung (und dadurch bedingte Unruhe in den Buchten), Anzeichen für Atemwegserkrankungen, Ohrverletzungen und ungleiche Kupierlängen. Auf Grundlage der Erhebungen wurden Beratungsempfehlungen entwickelt und Verbesserungsmaßnahmen mit den Betriebsleitern besprochen. Optimierungen von Lüftungsanlagen, die Bereitstellung von Beschäftigungsmaterialien sowie von zusätzlichen, organischen Beschäftigungsobjekten, Futterwechsel und Wasseruntersuchungen stellten die am häufigsten durchgeführten Maßnahmen auf den Betrieben dar. Die Sensibilisierung der Betriebsleiter und Mitarbeiter für das Thema und eine Schärfung der Wahrnehmung von Tiersignalen inkl. intensivierter Tierbeobachtung stellten eine weitere, essentielle Maßnahme dar, welche aber nicht qualitativ erfasst werden konnte.
Arbeitskreistreffen unterstützen den Prozess
Die Arbeitskreistreffen (fünf im Projektzeitraum) dienten vorrangig der Vernetzung der Betriebe untereinander und wurden sehr gut von den Teilnehmern angenommen. Bei den Treffen konnten Erfahrungen mit dem Thema und dem Projekt ausgetauscht werden. Zudem wurde mittels Fachvorträgen und Diskussionen Fachwissen an die Betriebsleiter bzw. Mitarbeiter vermittelt.
Das Risiko für Schwanzbeißen konnte reduziert werden
Am Ende des Projektes wurden auf den Projektbetrieben ca. 8 (4-12) Risikofaktoren in der Ferkelaufzucht, bzw. 30 % (18 % - 36 %) Risiko für Schwanzbeißen in der Schweinemast festgestellt. Das Risikopotential für Schwanzbeißen konnte somit im Laufe des Projektes auf allen Betrieben reduziert werden.
In sieben Projektbetrieben wurde im Laufe des Projektes in Teilgruppen auf das Kupieren der Schwänze verzichtet. Voraussetzungen für diesen Kupierverzicht stellten ein begrenztes Risikopotential für Schwanzbeißen sowie keine Prävalenz von Schwanzbeißen bei unkupierten Tieren dar. Die Vorgehensweise bzgl. Gruppengrößen unkupierter Tiere und begleitender Maßnahmen waren betriebsindividuell. Zwei der sieben Betriebe beließen mehrere Abferkelgruppen unkupiert und Schwanzbeißen trat auf, bis hin zu dem Problem, dass alle Gruppen davon betroffen waren. Schwanzbonituren konnten bei diesen zwei Betrieben aufgrund der großen Tierzahlen nicht durchgeführt werden. Fünf Betriebe beließen kleine Gruppen unkupiert (1-2 Ferkelaufzuchtbuchten, d.h. 11-62 Tiere/Gruppe).
Die häufigsten umgesetzten Maßnahmen waren eine Reduktion der Besatzdichte, die Bereitstellung organischer Beschäftigungsmaterialien und -objekte sowie die Einrichtung unterschiedlicher Tränkemöglichkeiten (Beckentränken zusätzlich zu Nippeltränken) zur Verbesserung der Wasseraufnahme der Tiere. Insgesamt trat bei sechs von sieben Betrieben Schwanzbeißen in der Ferkelaufzucht auf. Bei keinem der betroffenen Betriebe konnte ein eindeutiger Auslöser identifiziert werden. Im Fall eines Ausbruchs wurden Notfallmaßnahmen ergriffen, z.B. Behandlung und Separierung von Tieren, Umstallungen und Ablenkungsmaßnahmen wie mit organischen Beschäftigungsmaterialien, die beruhigend auf die Tiere wirkten. Die Bonituren der Schwänze ergaben, dass sich die Prävalenz von Schwanzbeißen von Gruppe zu Gruppe unterschied, im Durchschnitt zeigten 33 % (0 % - 100 %) der Schwänze keine sichtbaren Verletzungen, 27 % (0 % - 50 %) der Schwänze wiesen Bissspuren oder Kratzer auf, 15 % (0 % - 33 %) der Schwänze wiesen großflächige Wunden mit Blut auf und 25 % (0 % - 70 %) der Schwänze hatten einen Teilverlust (frisch oder abgeheilt) erlitten.
Fazit
Die Projektergebnisse zeigen, dass zur Vermeidung von Schwanzbeißen die Haltung unkupierter Tiere noch weiter optimiert werden muss als dies bei kupierten Tieren notwendig ist, da die Ansprüche unkupierter Tiere an die Haltung höher sind. Im Projekt oblag die letztliche Entscheidung, welche Maßnahmen umgesetzt wurden, bei den Betriebsleitern. Diese erhielten keine finanzielle Förderung. Diese Umstände könnten letztlich mit dazu beigetragen haben, dass der Umfang der Veränderung in den Betrieben nicht ausreichend war, um unkupierte Tiere bis zur Schlachtreife intakt halten zu können.